Vom 18. – 22. September ging es mit Weiterdenken e.V. – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen nach Wroclaw. Die Stadt im westlichen Teil Polens ist mit über 630.000 Einwohnern nach Warschau, Krakau und Łódź die viertgrößte Stadt des Landes, Wrocław hat sich in den letzten Jahren zur sicherlich spannendsten und dynamischsten Stadt in Polen entwickelt. Sie spiegelt nicht nur Jahrhunderte Geschichte in Europa, Wrocław ist heute eine moderne, lebendige, studentisch geprägte europäische Stadt und ist 2016 mit allem Recht Europäische Kulturhauptstadt.
Nach der Ankunft der Gruppe am Sonntag, 18. September begannen wir mit einer Einführung ins Programm und dem gegenseitigen Kennelernen im Hotel. Dorothea Traupe und Dr. Iwona Nowak gaben eine erste kurze Einführung in die Geschichte und Gegenwart der Stadt Wrocław und begannen bei immer stärkerem Regen einen Rundgang durch die historische Altstadt und dem Marktplatz.
Am Montag 19. September ging es zunächst zur Bar Barbara, dem Besucher- und Info-Zentrums der Europäischen Kulturhauptstadt um dort im Gespräch mit Dr. Katarzyna Młyńczak-Sachs über Erwartungen, Ziele und Zukunft des Kulturhauptstadt-Programms zu erfahren.
Anschließend unternahmen wir eine Führung durch das „Viertel des Gegenseitigen Respekts“, welche den Besuch der Ev. Christophorikirche und Besichtigung der Synagoge zum Weißen Storch, sowie die Begegnungen mit Mitgliedern der evangelischen Minderheitengemeinde und der Jüdischen Gemeinde beinhaltete.
Anschließen folgte der Besuch des Alten Jüdischen Friedhofs mit Gräbern u.a. von Ferdinand Lasalle und Heinrich Graetz.
Am Dienstag, 20. September besichtigten wir die breslauer Universität mit der eindrucksvollen Aula Leopoldina und bestiegen den „Mathematischem Turm“ welcher eine tolle Aussicht über die Stadt bot. Es fand ein interessantes Gespräch mit Prof. Adam Jezierski (Rektor) und Kamilla Jasińska (Doktorandin) statt über die Bedeutung der Universität für die Geschichte und die Identität der Stadt – als Beispiel für Kontinuität/Diskontinuität.
Zurück in der Bar Barbara folgte ein Treffen mit Klaus Bachmann, Professor für politische Wissenschaft an der einzigen polnischen Privatuniversität SWPS (University of Social Sciences and Humanities). Ein anregendes Gespräch über die aktuelle politische, wirtschaftliche und soziale Situation in Polen folgte, insbesondere der Rechtsruck der Regierung unter der Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit), der Rolle der katholischen Kirche und die Situation der linken Oppositionsparteien und NGOs.
Beim Besuch der städtischen Wirtschaftsförderung (Wroclaw Development Agglomeration Agency) präsentierte Lucyna Stempak die wirtschaftliche Situation heute und die Prognosen für die Zukunft für die Großregion Wroclaw.
Nach einem geführten Spaziergang mit unserer Stadtführerein entlang der Oder erreichten wir die Jahrhunderthalle, ein eindrucksvollens UNESCO-Weltkulturerbe.
Für Architekturfreunde (wie mich) war die Besichtigung der Werkbundsiedlung WuWa in der ehemaligen Grüneicher Vorstadt am Rande des Scheitniger Parks (Park Szczytnicki) besonders interessant, Bauhaus lässt grüßen.
Am Donnerstag, 22. September trafen wir uns mit Mitgliedern von NGOs um die Themen Zivilgesellschaft und Minderheiten in Breslau zu diskutieren. Tadeusz Mincer (Art Transparent), Dr. Krzysztof Nowak (Foundation for European Studies), Karolina Mróz (Dom Pokoju) sprachen u.a. über die Flüchtlingslage in Polen und wie in Breslau – ähnlich wie in Berlin – Problembezirke durch Kunst und Kultur aufgewertet werden sollen.
Bevor es für jeden Teilnehmer*in zur Abreise ging, besuchten wir das Museum der Zeitgenössischen Kunst (Muzeum Współczesne Wrocław), untergebracht in einem ehemaligen Bunker.
Fazit: Gerade aus Sachsen ist Breslau schnell mit dem Zug zu erreichen und eine spannende und abwechselungsreiche Stadt welche sich auch nach dem Jahr der europäischen Kulturhauptstadt zu besichtigen lohnt. Matthias Schüssler
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