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Ach, Sportsfreunde…

„Höher-schneller-sinnfreier“ am Dresdner Elbufer? Natürlich darf man sich Gedanken machen, wie man das ramponierte Image von Dresden wieder aufpoliert. Natürlich darf man auch auf die Idee kommen, dies mit dem Herbeilocken von kommerziellen Sportveranstaltungen zu tun … Die Gedanken sind frei.

Aber genauso darf man auch fragen, ob dies wirklich eine glückliche Idee ist. Die Antwort wird sicher unterschiedlich ausfallen, je nachdem, ob man Chef des lokalen Beherbergungsvereins ist (dessen Überkapazitäten gemeinhin im Januar besonders deutlich werden), zum öffentlich besoldeten Stadtmarketing gehört und somit die Gabe hat, sich alles in Dresden schönzulächeln oder aber zu den Einwohnern zählt, die der Landeshauptstadt zwar nicht religiös verbunden sind, aber dennoch (oder besser trotz allem) gern hier leben und denen es nicht ganz egal ist, wer mit Geld aus dem Stadtsäckel bedacht wird, unserem Geld.

Nun kann man – auch dies natürlich abhängig von Standpunkt und Zugehörigkeit zu sozialer Schicht – einwenden, es geht hier um lediglich 300.000 Euro städtischen Zuschuss, die ausgereicht werden sollen, um ein „Sportereignis der absoluten Superklasse“ (oder was immer man da als Werber schreibt) nach Dresden zu holen und man solle sich doch nicht so haben. Man kann aber auch darüber nachdenken, was der Jugend- und Breitensport mit dieser Summe anstellen könnte … Aber die Frage stellt sich ja angeblich nicht, weil der Zuschuss zum größten Teil aus dem Marketing-Töpfchen kommen soll. (Der Schreiber ist gegen solche Argumente allerdings immun, weil er meint, wenn Topf A „dafür“ Geld übrig hätte, bräuchte er es eigentlich gar nicht und sollte es besser gleich an Topf B abtreten.)

Ganz unabhängig von haushaltérischen Erwägungen: Tut das not, hier im Flachland, auf einer Höhe von etwa 110 m über Normalnull (was nichts mit der sächsischen Staatsregierung zu tun hat), einen Weltpokal im Um-die Wette-Skilaufen zu veranstalten, wenn nicht mal 40 km entfernt mit Altenberg / Zinnwald ein hervorragend ausgebautes Langlauf-Skigebiet existiert, das auch noch gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist – und in Harrachov ein weiteres? Wird die unbestritten hübsche Kulisse der Dresdner Altstadt die Sportlerin Bolika, Anna zu solchen Höchstleistungen treiben, die es wert sind, für zehn Tage eine Winter-Scheinwelt am Elbufer aufzubauen, Feuer frei aus allen Schneekanonen? Ich glaub nicht.

Das sind aber auch nur zwei der Fragen, die man sich bei dieser Gelegenheit stellen kann. Ein paar hätte ich da noch:
3. Warum muss eine kommerzielle Unternehmung, die der Profi-Sport nun mal ist, mit öffentlichen Mitteln gefördert werden? Daß auch andere Wirtschaftszweige (indirekt) bezuschusst werden, wenn sie sich hier ansiedeln wollen, gilt nicht als Argument: Immerhin bleiben diese gewöhnlich ein paar Jahre, bis die Fördermittelbindung ausläuft. Der Ski-Zirkus wird weitergezogen sein, ehe die Skonto-Regelung der Rechnungen abläuft.

4. Wollen „wir“ dieser Event-Kultur wirklich den Steigbügel halten? Skilanglauf ist zumindest für mich, wenn Björn Daehlie den Fernsehkameras für zwanzig Minuten im Wald entschwindet, um dann als 50 km – Olympiasieger wieder aufzutauchen, oder ein 10 km – Rennen mit Anstiegen, Abfahrten und spitzen Kurven. Ein 900 m – Rundkurs direkt an der Elbe erinnert da eher an Buddelkasten als an ernsthaften Berufssport. Die Eventisierung des öffentlichen Lebens muss nun wirklich nicht durch uns befördert werden.

5. Wo kommt der Schnee für die Elbwiesen her? Selbst in diesem nun wirklich kalten Winter 2017 bedeckte der vom Himmel gefallene kaum die Grasnarbe. Auch bei den Schneekanonen bin ich für Abrüstung, nicht nur wegen des Energieverbrauchs, auch wegen der Botschaft: „Pfeif auf den Klimawandel, wir machen uns den Winter, wo wir wollen.“ Dafür möchte ich meine Steuergroschen nicht hergeben.

6. Hat die Stadt Dresden nicht eine Nachhaltigkeitsstrategie? Wie passt solch ein singuläres Ereignis denn da hinein, das ohne irgendeine dauerhafte Wirkung im Januar 2018 aufglimmen und genauso schnell wieder vergessen sein wird? Im nächsten Jahr ist dann vielleicht Magdeburg dran, auch so ein kommender Skilanglauf-Hotspot.
Natürlich kann sich die FIS – sowas wie die FIFA, nur für die Bretter – ein ordentliches Werber-Büro leisten, das dem Konzept ein modisches Greenwashing verpasst und mit den gängigen Begriffen aus dem Nachhaltigkeitsrepertoire verschlagwortet. Man sollte nur nicht jeden Quatsch glauben, der auf Folien gemalt wird.

Für mich ist das eine Schnapsidee. Oder Schmarrn, wie es in anderen Skigebieten heißt. Außer, daß man den Hil-Bär dann vielleicht fürs Foto mal auf Skier stellt, wird es dabei nicht mal was zu Lachen geben, der Berufs-Sport nimmt sich ja immer so verdammt ernst.
Wenn also schon großer Sport nach Dresden geholt werden soll, bin ich für Billard. Das gibt es auch im Fernsehen, das kann indoor betrieben werden, das macht keinen Lärm und ist angenehm langweilig. Und so quietschebunt angezogen wie die beim Schifahren sind sie auch nicht, die Athleten des grünen Tisches.

Mit nolympischen Grüßen, Teichelmauke

5 Kommentare

  1. René Münch

    Eben, die Gedanken sind frei,

    Die Idee ist gut, ein Wintersport- Event auch nach Dresden zu holen, Dresden sollte nicht nur Fußball sein, auch Dresden lebt vom Winter bzw. der Winter zieht an Dresden nicht vorbei.

    Wenn es um Topf A bzw. Topf B geht, habe ich keinen Überblick, Sport erfüllt auch einen sozialen Aspekt, egal in welcher Jahreszeit.

    Feuerfrei ihr Schneekanonen am Fichtelberg, Altenberg, und Zinnwald

    Die Schneekanonen in Oberwiesenthal sind startklar
    Oberwiesenthal. Die Technik ist vorbereitet, die Beschneiungsanlagen sind aufgebaut – im Skigebiet auf dem Fichtelberg ist alles für die Wintersaison gerüstet. “Was noch fehlt, ist eine längere Kälteperiode”, …

    Dresden bietet doch gerade für so einen Event eine herrliche Kulisse, da sollten Schneekanonen nicht zum Problem werden. Dresden leistet sich seit nun mehr über zwei Jahren ein Event, was Steuergelder verschlingt bei der Absicherung und der Stadt eigentlich nur schadet. Also holen wir was in die Stadt, was das Ansehen wieder aufpoliert und zugleich einen sozialen Aspekt erfüllt, ich denke da schon an die Paralympics in Dresden.

    In diesem Sinne Schneekanonen Feuerfrei

    Mit Grünen sportlichen Grüßen

    Do René

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  2. Thomas Trepte

    Lieber Autor, liebe Mitleser*innen!

    Wenn Die Kritik wirklich ernst gemeint ist, wo bleibt sie dann eigentlich bei anderen nicht unbedeutenden Sportereignissen, die in dieser Stadt auch mit Steuergeldern unterstützt werden? Was ist mit einem Short Track Weltcup? Was ist mit der Smart Beach Tour im Volleyball? Was ist mit internationalen und nationalen Meisterschaften die hier ausgerichtet werden? Und was ist mit dem hiesigen lokalen Fußballverein? War es nicht die aktuelle Grüne Fraktion welche den jährlichen Zuschuss gemeinsam mit den Partnern der Kooperation um 1.000.000 € erhöht hat. Was hätte man alles mit diesem Geld anstellen können!

    Tut es Not ein Skigebiet vor den Toren der Stadt künstlich am Leben zu halten, welches auch nur aller drei Jahre natürlichen Schnee sieht. Was hat Skilanglauf mit Skisprint zu tun. Ist es verwerflich wenn Sportler versuchen ihren Sport attraktiver zu machen? Sind Zuschauer nicht das Salz in der Suppe. Dynamo Dresden spielt auch nicht gerne vor leeren Tribünen. Ist es nicht günstiger die 10.000 Zuschauer fahren mit der Straßenbahn in die Innenstadt als mit dem Auto ins Erzgebirge? Würden wir auch einen Kletterweltcup am Königsufer kritisieren, weil die Felsen ja auch 40 Kilometer vor der Stadt sind. Kritisieren wir Kletterhallen weil die 10m ja nun auch nicht so spannend sind wie 100m Fels in der Natur. Oder ist es nicht eigentlich sogar nachhaltiger Kletterhallen zu bauen um den natürlichen Fels zu schonen. Ach so, ich vergaß die Grüne Fraktion unterstützt ja sehr massiv das Klettern in Hallen.

    Was ist an „Eventkultur“ kommerziell? Natürlich wollen Veranstalter Geld verdienen! Wer will nicht Geld für seinen Lebensunterhalt verdienen! Aber sind Konzerte z.B. keine Events? Kritisieren wir den Umstand das solche Konzerte auch vom Stadtmarketing bezuschusst werden? Die Rinne im Ostragehege ist das beste Beispiel für herausgeschmissenes Geld mit singulären Großveranstaltungen.

    Da es ja kein singuläres Ereignis bleibt, sondern ein fester Termin im Kalender auch für die Folgejahre, wäre es doch vielleicht nicht schlecht dem Ganzen eine Chance zu geben. Die eigesparten Werbegelder und die Einnahmen aus dem Umweg Rentabilität lassen ja doch vielleicht eine schwarze Null zu. Ansonsten steht man mit populistischen Tönen vielleicht bei den eigenen Fans ganz gut da, man gewinnt aber bestimmt keine neuen Wähler dazu. Und ja, Dresden hat es nötig mit mehr als nur Kreuzchor und Philharmonie zu werben.

    In diesem Sinne SPORT FREI und viel Spaß beim Billard Weltcup.

    P.S. Was machen wir eigentlich, wenn die Organisatoren desselbigen auch Gelder aus dem Stadtmarketing wollen???

    Antworten
  3. Teichelmauke

    Eierschecke und Winterspiele?

    OK. Verlängerung.
    Auch bei den Schneekanonen bin ich für weltweite Abrüstung. Wenn kein Winter ist, kann man halt auch nicht Ski fahren, basta. Selbst wenn es im Businessplan der FIS anders steht, plädiere ich für das Primat der Natur.

    Die putzige These, „wir“ (wersollndassein?) könnten den bleibenden Eindruck, den ein paar verkorkste Opas und die eventorientierten Freizeitschläger mit ihren Gassigängen hinterlassen, mit der Veranstaltung eines beliebigen Sportereignisses kompensieren, würde ich eher den Tantchen vom Stadtmarketing zuordnen, aber nicht ernst nehmen.

    (Übrigens bin ich ohnehin nicht der Meinung, daß „wir“ irgendwie in der Pflicht wären, irgendwas zu kompensieren, was den Ruf der Stadt irgendwo betrifft. Das sollen „die“ irgendwann mal schön selber machen. Dresden hat im Moment den Ruf, den es verdient, in aller Differenziertheit, da gibt es nichts schönzufärben. Und den backround für ein paar positive Fernsehbilder abzugeben, hab zumindest ich keine Lust.)

    Aber zurück ins Stadion, Sportsfreunde.

    „Was ist an Eventkultur kommerziell?“ Nicht Dein Ernst, oder? Ich hab ja nichts dagegen, daß jemand Geld verdienen will, aber dann soll er das auch so nennen und vor allem nicht unter Vorspiegelung irgendeines gesellschaftlichen Nutzens um öffentliche Gelder betteln.

    Und ja, ich bekenne mich dazu, den Berufssport im Allgemeinen als unnütz und frei von jeglicher Wertschöpfung zu betrachten (der Begriff „Leistungssport“ ist in diesem Zusammenhang Unfug, weil Sport immer mit Leistung zu tun hat, vermutlich noch mehr, wenn man kein Geld dafür bekommt). Für die Kultur (von Thielemann bis zur Street Art) gilt dies ausdrücklich nicht, die soll den Menschen ja bilden und bessern, der Berufssport die Massen hingegen bestenfalls ruhig stellen. Das war schon im alten Rom so, auch wenn der Berufssport inzwischen ein paar humanitäre Fortschritte gemacht hat. Andererseits müssen wir heute die früher vom Tiger Gefressenen als Experten im Fernsehen ertragen … wer jemals das Dacia-Grinsen vom Scholl gesehen hat, wird mich verstehen.

    Deswegen bin ich gegen jegliche Förderung von Sportereignissen vom Teebeutelweitwurf bis zum MiniSkiGolfSchwimmen, die sich auch selber bezahlen können, ob nun per Eintritt oder durch das Anpreisen von Wachhaltebrausen. Und wenn sie das nicht können, finden sie halt nicht statt.

    Und da ich auch nicht zur im zweiten Beitrag zitierten Stadtratsfraktion gehöre (wobei sich mir der Verweis darauf in einer Plattform des KV nicht erschließt), nicht mal als Ehemaliger, fühl ich mich da auch nicht an irgendwelche Beschlüsse gebunden. Warum auch? Selbst in einem unsportlichen Körper kann ein freier Geist wohnen.

    In diesem Sinne zurück in die angeschlossenen Funkhäuser.
    Teichelmauke, Träger des Sportabzeichens in Silber und Karteileiche beim DHB

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    • René Münch

      Eierschecke und Winterspiele für alle in Dresden,

      ja da bin ich auch mal wieder, etwas Zeit gelassen, doch ich bin da.

      Nicht nur Eierschecke, Kunst von Thielemann dis hin zur Street Art macht Dresden stark, auch Förderung von Sportereignissen macht die Stadt stark und bekannter auf diesem Planeten.

      Wer sich sportlich betätigt, was mit Bewegung zu tun hat, bekommt den Kopf für Bildung frei, deswegen gibt es auch den geförderten Sportunterricht in den Schulen. Wer den Sport, egal ob Leistungs bzw. Sportereignisse nicht fördert muss damit rechnen, dass die Bildung auf der Strecke bleibt.

      Sportevents verbinden auch Menschen aus verschiedenen Nationen, dass gilt nicht nur für den Fußball, es gilt auch für alle Sportarten wo körperliche Ertüchtigung im Vordergrund steht. Billard, Skat und anderen Biersport im stillen Kämmerlein zähle ich da nicht mit.

      Also keine Abrüstung von Schneekanonen, es lebe der Wintersport an der Elbe in Dresden und mögen sich Menschen aus verschiedenen Nationen kennen lernen. Auch so wird ein Norweger, Amerikaner, Japaner und wo sie alle herkommen die Dresdner Eierschecke kennen lernen. Also lasst uns auch auf diesen Weg die Eierschecke in jeden Winkel des Planeten tragen.

      Dor René

      Antworten

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