von Patrick Scherbaum
Ich möchte gerne ein Ur-Grünes Thema ansprechen, welches in Sachsen sehr stark in den Hintergrund geraten ist: die Drogenpolitik.
Vor dem aktuellen Hintergrund, dass Sachsen von Crystal Meth überschwemmt wird, der medizinischen Regulierung von Cannabis, nicht ausreichende Hilfsangebote für Suchtkranke und Straffällige, des immer mehr sinkenden Einstiegsalter von Drogen und dem fehlenden Jugendschutz, muss umso mehr ein neuer Weg eingeschlagen werden. Der von der UN 1968 beschlossene und von US-Präsident Nixon 1971 ausgerufene „WAR ON DRUGS“ ist gescheitert.
Dieser Krieg hat jährlich weltweit für hunderte Millionen Tote gesorgt, zahlreiche Existenzen zerstört, Menschen ihrer Freiheit beraubt und Kinder traumatisiert. Hierzulande sorgt dies vermehrt für drogenkonsumierende Inhaftierte, welche ja schon seitens ihres Konsumverhaltens Probleme haben, welche durch den repressiven Ansatz noch verstärkt werden. Isolation von der Gesellschaft ist die Folge.
In Bezug auf die Sondertagung der Weltkommission für Drogenpolitik, der UNGASS 2016 und mit Blick auf die ordentliche Tagung der UN 2019, wo aktuell schon ein deutlicher, internationaler Trend in der Drogenpolitik absehbar ist und zwar in Richtung einer Legalisierung.
Wir müssen für diese Menschen Perspektiven schaffen und umsetzen, den Umgang mit Abhängigen ändern, und aufzeigen das Drogensucht auch nur eine Sucht ist.
Sucht ist eine Krankheit, man kann sie nicht heilen, aber Suchtkranke können ihre Lebensqualität wieder erlangen und zwar in dem der Suchtstoff kontrolliert bzw. reguliert und unter Jugendschutzkriterien repressiv überwacht wird.
Als Vorbild kann da die Regulierung von Tabak dienen, wo es gute Fortschritte gibt und auch eine Stabilität zu erkennen ist, oder die Methadon-Substitution bei Heroinabhängigkeit.
Lebensqualität ist nicht vorstellbar ohne das Gefühl von Sicherheit. Eine einzige Straftat kann das Lebensglück eines Menschens zerstören. Die bisherige Drogenpolitik der generellen Strafverfolgung von Konsumenten ist gescheitert, sie muss beendet werden. Ein unkontrollierbarer Schwarzmarkt verschlimmert die Problem nur. Wer Probleme mit Drogenkonsum hat, braucht Hilfe, nicht Strafe. Viele andere, meist Cannabiskonsumenten, werden durch Verbote nur schikaniert und kriminalisiert. Deshalb setzen wir auf ein gutes Hilfesystem, das sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientiert und Selbsthilfestrukturen unterstützt. Risikominimierung und bewusster Umgang mit allen Drogen- also auch Alkohol und Tabak- sind dabei maßgebend. Wir setzen uns für eine Legalisierung von weichen Drogen wie Haschisch und Marihuana ein.
[Zitat: „Die Zukunft ist Grün!” Grundsatzprogramm von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]
Eine Änderung in der von Sachsen verfolgten Suchtmittelpolitik ist notwendig.
Dies spart Kosten in der Justiz, und Ressourcen können besser genutzt werden bzw. vorhandene Strukturen entlasten. Mit Blick auf den kommenden 3. Sächsischen Suchtbericht, bei weiterhin ansteigenden Trend, können wir mit steigenden Unterhaltskosten der Haftanstalten, sowie auch auf längere Sicht mit steigenden Sozialleistungen, aufgrund von Erwerbsunfähigkeit-Verrentung, rechnen.
Die Verabschiedung der umstrittenen Förderlinie Psychiatrie und Suchtkrankenhilfe, ist ein Riesenschritt in die falsche Richtung gewesen. Suchtkranken wird in der Praxis noch weniger geholfen. Und das beginnt schon bei Alkohol, also im legalen Bereich. Wieso so muss ein Alkoholiker der seit 20 Jahren abhängig ist, aufgrund eines psychischen Traumas mit mehreren Therapien und Rückfällen, sozialer Benachteiligung und schweren Einschränkung in die Persönlichkeit um eine Traumatherapie zu erhalten abstinent sein? Kann man nicht versuchen, primär erst die Ursachen zu beheben und Folgeschäden zu minimieren?
Dies wiederum ist eine Folge der gesellschaftlichen Ausgrenzung von Suchterkrankten. Die Hilfsangebote sind noch zu spärlich verteilt, ein richtig passendes Konzept für Crystal-Substitution und Entwöhnung gibt es ebenfalls nicht.
Ein Schritt für die Sicherheit von Konsumenten wären Testlabore zur Überprüfung des Suchtmittels, sowie Schaffungvon Drogenkonsumräumen.
Durch solche Maßnahmen kommt man auch mit Betroffenen ins Gespräch, ein direkter Hilfsansatz wird möglich.
Das Grundgesetz sieht ja die Unversehrtheit des Körpers vor, und dies ist aktuell nicht gewährleistet. Abhängigen muss geholfen und Konsumenten geschützt werden.
Gründe warum Drogen konsumiert werden, gibt es viele. Die Mehrzahl der Erwachsenen Konsumenten, ist aufgeklärt und handelt in hoher Eigenverantwortlichkeit. Dennoch muss man einsehen das ca. 5% der Bevölkerung als süchtig zu bezeichnen sind oder im hochriskanten Konsumbereich liegen.
Viel schlimmer ist, dass die genannte Eigenverantwortlichkeit nicht bei minderjährigen Konsumenten vorhanden ist. Selbst Aufklärung ist in den entscheidenden Altersklassen nicht vorhanden. Und da muss angesetzt werden.
Die Einführung eines 4-Säulen-Modelles nach Vorbild der Weltkommission für Drogenpolitik, halte ich für sinnvoll und längst überfällig. Die Bundesregierung möchte, dass die Bundesländer mehr in die Pflicht genommen werden. Sachsen hat die Möglichkeit als ein positives Vorbild voranzugehen, indem ein Konzept für eine regulierte Cannabis-Ausgabestelle erstellt und als Antrag eingereicht wird.
Auf internationaler Ebene dürfen wir Sachsen, nicht den Anschluss verlieren. Europaweit gibt es viele interessante Modelle von liberaler Drogenpolitik, teils mit langjähriger Aussagekraft.
Portugal, Spanien, Niederlande, Tschechische Republik, Großbritannien und die Schweiz, haben gute Erfahrung mit einer liberalen Drogen- und Suchtmittelpolitik gemacht.
Nicht nur im Bereich der Wahrung von Menschen- und Grundrechten, sondern auch im repressiven Bereich der Strafverfolgung hängt Deutschland hinterher, sondern ein drohender Anschlussverlust im wirtschaftlichen Bereich ist zu erwarten.
Bericht der Weltkommission für Drogenpolitik: http://www.globalcommissionondrugs.org/wp-content/uploads/2016/11/GCDP-Report-2016_GER.pdf
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